- Großer Preis von Deutschland
- Veranstalter: AvD
- Gesamtstrecke: 22,810 km
- 22 Runden = 501,82 km
- Wetter: nass
Das Rennen
Tazio Nuvolari siegte auf Alfa Romeo gegen neun deutsche Silberpfeile
Der 8. Große Preis von Deutschland fand am 28. Juli 1935 auf der Nordschleife des Nürburgrings statt und zählte zur Grand-Prix-Europameisterschaft 1935. Über 22 Runden mit einer Gesamtdistanz von 501,82 km kämpften die Top-Fahrer um den Sieg. In einem der denkwürdigsten Rennen der Motorsportgeschichte triumphierte der Italiener Tazio Nuvolari auf Alfa Romeo Tipo B, indem er die scheinbar unbesiegbaren Silberpfeile von Mercedes-Benz und Auto Union auf deren Heimstrecke bezwang.
Die Vorbereitungen der deutschen Rennställe, insbesondere von Mercedes-Benz, waren intensiv, da dieses Heimrennen als das wichtigste der Saison galt. Mercedes-Benz brachte sieben Rennwagen an den Start, darunter zwei für die Nachwuchsfahrer Hermann Lang und Hanns Geier, während die Stammfahrer Rudolf Caracciola, Luigi Fagioli und Manfred von Brauchitsch die Hoffnungen des Teams trugen. Die Mercedes W25, die mit fast 450 PS die stärksten Fahrzeuge im Feld waren, hatten allerdings auf dem anspruchsvollen Nürburgring einen enormen Reifenverschleiß. Auch Auto Union investierte viel in die Vorbereitung und ließ nach dem schlechten Abschneiden beim französischen Grand Prix die Strecke eine Woche lang exklusiv nutzen, um die Wagen und Fahrer wie Hans Stuck, Bernd Rosemeyer, Achille Varzi und den Nachwuchsfahrer Paul Pietsch optimal vorzubereiten.
Im Gegensatz dazu trat die Scuderia Ferrari mit ihren drei Alfa Romeo Tipo B mit einem kleinen Aufgebot an. Tazio Nuvolari, Louis Chiron und Antonio Brivio setzten sich in der üblichen Besetzung ins Rennen, doch bereits im Training zeigte sich, dass der technische Rückstand des überarbeiteten Alfa Romeo auf dem Nürburgring weniger ins Gewicht fiel als auf anderen Strecken. Der kurvenreiche und schwierige Kurs kam der Agilität der Alfas entgegen, während die leistungsstärkeren, aber schwereren deutschen Fahrzeuge Probleme hatten, ihre Leistung optimal auf die Strecke zu bringen.
Der Renntag begann dramatisch: Bei strömendem Regen übernahm Nuvolari nach dem Start die Führung, wurde jedoch noch in der ersten Runde von Rudolf Caracciola auf Mercedes-Benz überholt. Die Zuschauer, etwa 250.000 an der Strecke, erlebten einen packenden Kampf. Hinter Caracciola lagen zunächst Fagioli und Rosemeyer sowie von Brauchitsch, die alle in kurzen Abständen folgten. Doch Nuvolari leistete sich in der zweiten Runde einen Fahrfehler, der ihn mehrere Plätze kostete. In der Zwischenzeit kämpfte Rosemeyer um die Spitze, musste jedoch wegen eines Defekts an die Box, wodurch Fagioli und von Brauchitsch hinter Caracciola als Verfolger blieben.
Im weiteren Rennverlauf zeichnete sich ab, dass die Mercedes-Fahrzeuge zwar schnell waren, aber unter dem enormen Reifenverschleiß litten. Nuvolari, der nach den Ausfällen von Brivio und Chiron der letzte verbliebene Alfa-Fahrer war, kämpfte sich unerbittlich nach vorn und führte das Rennen zur Halbzeit an. Ein planmäßiger Boxenstopp warf ihn jedoch wieder auf den sechsten Platz zurück. Währenddessen lieferten sich Caracciola, Rosemeyer und von Brauchitsch einen spannenden Dreikampf, bei dem die Positionen ständig wechselten.
Die letzte Phase des Rennens entwickelte sich zu einem verzweifelten Kampf um die Führung. Nuvolari fuhr mit unglaublichem Einsatz und holte pro Runde mehr als zehn Sekunden auf den führenden von Brauchitsch auf. Obwohl von Brauchitsch von der Box wiederholt aufgefordert wurde, langsamer zu fahren, um die Reifen zu schonen, ignorierte er die Warnungen. Dies rächte sich in der letzten Runde: Sein Hinterreifen platzte und löste sich komplett auf. Nuvolari, der bereits auf Tuchfühlung war, nutzte die Gelegenheit und übernahm die Führung. Als er nach 4:08:40,2 Stunden als Sieger die Ziellinie überquerte, war das Publikum fassungslos. Nuvolari hatte es geschafft, neun der mächtigen deutschen Silberpfeile auf deren Heimstrecke zu besiegen – eine der größten Sensationen in der Geschichte des Motorsports.
Hans Stuck, der nach einem schwierigen Start das Feld von hinten aufgerollt hatte, belegte den zweiten Platz mit einem Rückstand von 1:38,6 Minuten. Auch seine Leistung war bemerkenswert, geriet jedoch angesichts des Sieges von Nuvolari in den Hintergrund. Von Brauchitsch, der mit einem zerstörten Reifen weitergefahren war, fiel auf den fünften Platz zurück, während Caracciola den dritten Rang belegte. Mit diesem Ergebnis übernahm Caracciola die alleinige Führung in der Europameisterschaft vor seinem Teamkollegen Fagioli.
Pole Position | #11, Renato Balestrero, Gruppo San Giorgio, Alfa Romeo, Startplatz durch Los bestimmt |
Gemeldet | 23 |
Gestartet | 20 |
Gewertet | 12 |
Nicht gewertet | 8 |
Sieger | #12, Tazio Nuvolari, Scuderia Ferrari, Alfa Romeo Tipo-B P3, 22 Runden, 4:08:40,2 Std. = 121,1 km/h |
Schnellste Runde | #7, Manfred von Brauchitsch, Daimler-Benz, Mercedes-Benz W25B, 10:32.0 Min. = 129,9 km/h |
Gesamtergebnis
# | Team | Fahrer | Wagen | Rnd. | Zeit (Std.) | |
---|---|---|---|---|---|---|
1 | 8 | Scuderia Ferrari | Tazio Nuvolari (IT) | Alfa Romeo Tipo-B P3 | 22 | 4:08:14.1 |
2 | 1 | Auto Union | Hans Stuck (DE) | Auto Union B | 22 | 4:10:18.4 |
3 | 5 | Daimler-Benz | Rudolf Caracciola (DE) | Mercedes-Benz W25B | 22 | 4:11:13.1 |
4 | 3 | Auto Union | Bernd Rosemeyer (DE) | Auto Union | 22 | 4:12:51.0 |
5 | 7 | Daimler-Benz | Manfred von Brauchitsch (DE) | Mercedes-Benz W25B | 22 | 4:14:17.4 |
6 | 6 | Daimler-Benz | Luigi Fagioli (IT) | Mercedes-Benz W25B | 22 | 4:15:58.3 |
7 | 8 | Daimler-Benz | Hans Geier (DE) | Mercedes-Benz W25B | 21 | - 1 Runde |
8 | 2 | Auto Union | Achille Varzi (IT) | Auto Union B | 21 | - 1 Runde |
9 | 4 | Auto Union | Paul Pietsch (DE) | Auto Union B | 20 | - 2 Runden |
10 | 21 | Hans Ruesch | Hans Rüesch (CH) | Maserati 8CM | 20 | - 2 Runden |
11 | 16 | Scuderia Subalpina | Goffredo Zehender (IT) | Maserati Tipo 34 | 19 | - 3 Runden |
12 | 22 | Luigi Soffietti | Pietro Ghersi (IT) | Maserati 8CM | 19 | - 3 Runden |
Nicht gewertet | ||||||
DNF | 17 | Scuderia Subalpina | Philippe Étancelin (FR) | Maserati | 18 | Motor |
DNF | 9 | Daimler-Benz | Hermann Lang (DE) | Mercedes-Benz | 15 | Motor |
DNF | 10 | English Racing Automobiles | Raymond Mays (GB), Ernst von Delius (DE) |
ERA | 11 | Öldruck |
DNF | 20 | Laszlo Hartmann | László Hartmann (H) | Maserati | 9 | Zündung |
DNF | 14 | Scuderia Ferrari | Louis Chiron (MC) | Alfa Romeo | 5 | Differential |
DNF | 23 | Piero Taruffi | Piero Taruffi (IT) | Bugatti | 5 | Differential |
DNF | 15 | Scuderia Ferrari | Antonio Brivio (IT) | Alfa Romeo | 1 | Differential |
DNF | 11 | Gruppo San Giorgio | Renato Balestrero (IT) | Alfa Romeo | 0 | Differential |
DNS | 15 | - | René Dreyfus (FR) | Alfa Romeo Tipo-B P3 | - | - |
DNS | 19 | - | Ernst von Delius (DE) | ERA B | - | Unfall |
DNS | 22 | - | Luigi Soffietti (IT) | Maserati 8CM | - | - |
DNS | 18 | - | Eugenio Siena (IT) | Maserati 8C | - | Nicht erschienen |
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Quellen und Literatur:
Wikipedia (abgerufen 20.11.2018)
Driverdatabase (abgerufen 20.11.2018)
motorsportmagazine.com (abgerufen 20.11.2018)
Reuß, E.: Grand Prix – 70 Jahre Großer Preis von Deutschland, Motorbuch Verlag, 1997, ISBN 3-613-01836-5
Peter Higham: Guinness Guide To International Motor Racing, Guinness Publishing Ltd., ISBN 0-85112-642-1